Anleitung zur Anwendung des Kommunikationsquadrats und Checkliste

Veröffentlicht am Kategorisiert als Anleitung, Expertenartikel

Mithilfe dieser Schritt-für-Schritt-Anleitung können Sie das Kommunikationsquadrat (KQ) auf Ihre eigenen Streit anwenden. Die Anleitung basiert auf der generellen Beschreibung meines Blogartikels ‚Wie Sie Streit mittels Kommunikationsquadrats beenden‚, die erläutert, was das KQ nach Schulz von Thun ist.

Die vorliegende Anleitung fokussiert sich auf die praktische Anwendung auf Ihre spezifische Auseinandersetzung und führt Sie durch alle Phasen, von der Vorbereitung über eigentliche Analyse bis zum Ausklang.

Die Checkliste hilft Ihnen zu prüfen, ob Sie alle Schritte vollständig erledigt haben.

Bevor Sie beginnen: Worum es hier wirklich geht

Wozu diese Anleitung nutzt

Dieser Schritt-für-Schritt-Teil ist keine Anleitung, mit dem Sie einen Streit nachträglich gewinnen oder dem anderen beweisen, was falsch gelaufen ist. Er ist eine Einladung, einen Konflikt gemeinsam anzuschauen, ohne ihn erneut auszutragen.

Das Kommunikationsquadrat hilft Ihnen nicht, recht zu haben oder sich durchzusetzen. Doch es hilft Ihnen entschieden zu verstehen, warum Sie in Streit geraten, obwohl Sie sich nah sein wollten.

Gehen Sie diesen Weg nur, wenn Sie beide bereit sind, nicht sofort zu reagieren, sondern erst einmal zuzuhören. Auch Ihnen selbst.

Wann Sie diesen Schritt besser nicht alleine gehen sollten

So hilfreich das Kommunikationsquadrat ist: Es gibt Situationen, in denen Paare diese Analyse nicht ohne Unterstützung machen sollten.

Bitte nutzten Sie diese Schritte nicht alleine, wenn

  • der Streit sehr eskaliert ist oder noch stark emotional nachwirkt
  • eine Partei Angst hat, sich ehrlich zu äußern
  • es um starke Verletzungen oder Machtungleichgewichte geht
  • Sie merken, dass Ihre Analysen in Angriffe umschlagen

In solchen Momenten braucht es einen sicheren Rahmen von außen. Nicht, weil Sie gescheitert sind, sondern weil manche Konflikte zu schmerzhaft oder mit Scham besetzt sind. Oder weil sie so starke Emotionen freisetzen, dass ein sachliches Gespräch nicht möglich ist. All dies sind sehr menschliche und nachvollziehbare Reaktionen.

Schritt für Schritt: So analysieren Sie Ihren letzten Streit mit dem Kommunikationsquadrat

Dieser Teil lädt Sie dazu ein, den Streit mit etwas Abstand zu verstehen. Nehmen Sie sich dafür genügend Zeit, vielleicht am Abend, vielleicht mit einem Tee, und auf jeden Fall nur, wenn Sie gerade nicht gestritten haben.

Generelles Vorgehen

Wählen Sie immer nur einen einzelnen Satz, der Ihnen hängen geblieben ist. Einen Satz, bei dem Sie gemerkt haben, jetzt kippt es, oder in mir steigt Wut oder Enttäuschung auf. Wenden Sie das KQ nur auf diesen einen Satz an. Alles andere wäre zu viel.

Zuerst erklärt der, der diesen Satz ausgesprochen hat, pro Ebene, was er damit sagen wollte. Diskutieren Sie nicht über das Gesagte! Ihre ganze Aufmerksamkeit gehört Ihrem Gegenüber. Diese Zeitspanne ist manchmal schwer auszuhalten, weil dieselben Emotionen getriggert werden, die den Streit auslösten. Wenn Sie spüren, dass Sie emotional werden, atmen Sie bewusst durch oder bitten Ihren Partner um einen Moment, damit Sie sich beruhigen können.

Erst wenn alle Ebenen betrachtet sind, wechseln die Rollen. Jetzt erklärt der Angesprochene pro Ebene, was er gehört oder interpretiert hat. Und solange gibt es keine Diskussion.

Schritt 1: Wählen Sie einen konkreten Satz aus dem Streit

Nehmen Sie den einzelnen Satz, an dem sich der Streit entzündet hat.

Zum Beispiel sagte Ihr Partner:
„Dir ist alles andere wichtiger als ich.“

Es reicht ein einziger Satz. Genau dort setzt das Kommunikationsquadrat an.

Schritt 2: Was war die Sachebene – worum ging es faktisch?

Fragen Sie sich zuerst ganz nüchtern: Was war die reine Information in diesem Satz, ohne Vorwurf, ohne Gefühl?

Im Beispiel könnte das sein:

  • Du hast wenig Zeit mit mir verbracht.

Dieser Schritt wirkt oft banal. Aber er ist sehr wichtig, denn er holt Sie aus der emotionalen Überforderung zurück auf den Boden.

Schritt 3: Was hat der andere über sich selbst gezeigt?

Jetzt wird es weicher. Fragen Sie Ihren Partner, was er mit diesem Satz über sich selbst sagen wollte.

Im Beispiel könnte das sein:

  • Ich vermisse Nähe.
  • Ich wünsche mir intensiveren Austausch
  • Ich bin unsicher, wie wichtig ich dir bin.

Trifft eine der Antworten zu oder offenbarte Ihr Partner etwas anderes? Räumen Sie sich genügend Zeit zum Überlegen und Nachspüren ein. Für viele Menschen sind diese Selbstbefragungen ungewohnt und sie fühlen sich verunsichert, wenn sie nicht prompt antworten können.

Schritt 4: Welche Beziehungsaussage steckt darin?

Das ist oft der sensibelste Teil. Fragen Sie Ihren Partner, was er mit seiner Aussage über die Beziehung ausdrücken wollte.

Im Beispiel könnte das sein:

  • Es gibt zu wenig Austausch und Lebendigkeit in unserer Partnerschaft.
  • Mir ist unsere Partnerschaft wichtig
  • Ich räume unserer Partnerschaft mehr Zeit ein als du

Hier zeigt sich oft, warum der Streit so wehgetan hat. Nicht wegen des Inhalts, sondern wegen der Bedeutung, die der Beziehung eingeräumt wird.

Schritt 5: Welcher Appell steckte darin?

Zum Schluss dieser Runde fragen Sie Ihren Partner: Was möchtest du, dass ich tue?

Im Beispiel vielleicht:

  • Bitte nimm dir mehr Zeit für mich.
  • Bitte sieh mich.
  • Bitte sag mir, dass ich dir wichtig bin.

Viele Paare merken hier: Der Wunsch war gar kein Angriff, es war das Bedürfnis nach Nähe.

Schritt 6: Wiederholen Sie Schritte 3-5 mit umgekehrten Rollen

Nun erläutert der andere pro Ebene, was er gehört oder interpretiert hat. Und solange gibt es keine Diskussion.

Schritt 7: Tauschen Sie sich darüber aus

Wenn Sie mögen, teilen Sie Ihre Gedanken miteinander.

Zum Beispiel:
„Ich habe gemerkt, dass ich vor allem einen Vorwurf gehört habe.“
Oder:
„Mir war gar nicht klar, dass ich eigentlich Nähe ausdrücken wollte.“

Allein dieses Teilen kann den Streit innerlich auflösen, selbst wenn das Thema noch bleibt. Nehemen Sie sich Zeit und lassen diese Sätze innerlich nachklingen. Manchmal ergeben sich daraus Verständnisfragen. Die Antworten darauf bleiben einfach so stehen, kommentieren Sie sie bitte nicht.

Schritt 7: Nehmen Sie sich einen Moment für das, was Sie verbindet

Beenden Sie die Analyse mit einem Moment der Verbindung. Vielleicht mit einem Satz wie: „Jetzt verstehe ich dich ein Stück besser.“

Das Kommunikationsquadrat ist ein Mittel, um sich wieder zu begegnen und sich und den anderen zu erforschen. Die Analyse erzeugt Nähe und fördert die Bereitschaft, sich dem anderen zu öffnen. Bei jedem Mal, bei dem Sie es anwenden, werden Sie besser nachfühlen können, was Ihren Partner bewegt.

Sie dürfen sich dafür loben, dass Sie sich auf diesen Prozess der Kommunikationsanalyse eingelassen haben. Egal, ob Sie bis zu Schritt 7 oder gar 8 gekommen sind. Wichtig dabei ist die Tatsache, dass Sie begonnen haben. Und bei jedem weiteren An- oder Durchlauf wird es einfacher werden.

Schritt 8: Optional: mögliche Lösung

Wenn Sie bis hierher gekommen sind, ohne dass der Streit wieder aufgeflammt ist, können Sie gemeinsam überlegen, welche Lösung für Sie in Frage kommt.

Zum Beispiel:

  • Wir legen gemeinsam Zeitfenster fest, in dem wir gemeinsam etwas unternehmen
  • Ich werde künftig darauf achten, weniger mit dem Appell-Ohr als mit dem Sach-Ohr zu hören

Seien Sie hier realistisch. Nehmen Sie sich eine Sache vor, die Sie gut umsetzen können.

Checkliste: Habe ich den Streit verstanden?

  • Haben wir einen konreten Satz betrachtet statt den ganzen Streit?
  • Hat mein Partner auf jeder Ebene des Satzes eine Aussage getroffen?
  • Habe ich auf jeder Ebene des Satzes eine Aussage getroffen?
  • Kann ich jetzt zwischen Inhalt und Beziehung unterscheiden?
  • Kann mein Partner jetzt zwischen Inhalt und Beziehung unterscheiden?
  • Weiß ich, was sich mein Partner wünscht?
  • Weiß mein Partner, was ich mir wünsche?
  • Hat mein Partner gemerkt, welche Ebene ihn am meisten getriggert hat?
  • Habe ich gemerkt, welche Ebene mich am meisten getriggert hat?
  • Fühlt sich der Streit jetzt klarer an, auch wenn das Thema nicht aufgelöst ist?

Wenn Sie mehrere dieser Fragen mit Ja beantwortet haben, haben Sie wichtige Schritte gemacht. Gratuliere!

Was dieses Vorgehen kann und was nicht

Das Kommunikationsquadrat ist ein starkes Werkzeug, um Muster sichtbar zu machen. Es bringt Klarheit über Haltungen und bevorzugte Ebenen beim Sprechen und Hören. Und Klarheit bietet die Chance auf den Ausstieg aus Streits.

Doch es ersetzt keine Paartherapie und es heilt keine tiefen Verletzungen von heute auf morgen.

Wenn Sie merken, dass Sie alleine nicht weiterkommen

In meiner Arbeit als Mediatorin und Kommunikationstrainerin begleite ich Paare genau an diesen Punkten:

  • Wenn sich Gespräche im Kreis drehen.
  • Wenn gute Absichten immer wieder zu neuen Verletzungen führen.
  • Wenn das Verstehen alleine nicht mehr gelingt.
  • Wenn das Vokabular fehlt

Externe Unterstützung in sicherem Rahmen in Anspruch nehmen bedeutet

  • die Bereitschaft, Verantwortung für Kommunikation zu übernehmen
  • Offenheit für andere Perspektiven zu besitzen
  • Bereitschaft zur persönlichen Weiterentwicklung

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